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Keine Vorträge, sondern die offene Diskussion zwischen Sportvereinen, Funktionären und Kommunalpolitikern, das war das Ziel beim „Sportkreis-Forum“ im Landratsamt . Die Idee dazu kam vom Landessportbund, der prominent durch den Präsidenten Dr. Rolf Müller und Vizepräsident Ralf-Rainer Klatt, vertreten war.
Themen waren der Verfassungsrang des Sports und seine regionale Bedeutung, die kommunale Anerkennung der Sportvereine und die Zukunft der regionalen Sportentwicklung. Der offene Austausch kam allgemein gut an.
„Die Sportvereine verstehen sich nicht als Bittsteller“, machte Müller deutlich. Die Sportvereine erfüllten eine wichtige Funktion, böten ihren Mitgliedern neben der sportlichen Betätigung auch ein Stück Heimat. Aus der Politik wurden den Sportvereinen aber immer mehr zusätzliche Aufgaben aufgebürdet.
Als Beispiele führte Müller Integration von Zuwanderer und Flüchtlingen, Inklusion und Betreuung an. Die Sportvereine seien dazu immer bereit, lobte er. So gebe es zahlreiche Kooperationen, etwa zwischen Schulen und Vereinen. Er warnte aber vor dem angelsächsischen Modell, wo Sportvereine keine Rolle mehr spielten und alles in die Schulen verlagert wurde.
„Sport ist ein Staatsziel“, verwies der Landessportbund-Präsident auf die Verfassung. Müller hofft, dass dies kein „Muster ohne Wert“ sei, sondern auch mit Inhalten und vor allem Geld gefüllt werde. Der Weg müsse stark in Richtung Pflichtaufgabe gehen, sagte er. Das forderten auch die Vereinsvertreter.
Den Verfassungsrang gebe es zwar, doch vom Land würden Leistungen für den Sport immer noch als freiwillige Leistungen abgetan. Versehen mit dem Hinweis, bei defizitären Haushalten sich Gelder bei den Vereinen zu holen, machte Bürgermeister Richard von Neumann (Ginsheim-Gustavsburg) deutlich. Er forderte finanzielle Zuweisungen des Landes für die Unterhaltung von Sportstätten. Die Vereine konnten gut eingebunden werden, „das läuft alles nur über Gespräche“, sagte er.
Bürgermeister Hans Peter Becker (Mörfelden-Walldorf) hob das große, freiwillige Engagement der Vereine bei der Betreuung von Flüchtlingen hervor. Für diese zusätzlichen Aufgaben müssten die Vereine einen Ausgleich erhalten, sagten Becker und von Neumann.
Aktuell belaste die Kommunen die Kosten für Frei- und Hallenbäder stark. Müller regte an, die Schulumlage des Kreises auch für den Unterhalt von Bädern zu nutzen. In Nauheim gebe es „einen Wettbewerb über die noch zur Verfügung stehenden Mittel“, sagte Bürgermeister Jan Fischer. Im Haushalt wurde ein Betrag von 60 000 Euro im Jahr als Beitrag festgeschrieben, den die Sportvereine erbringen müssen. Die Beratungen laufen noch, außer Geldzahlungen kann sich auch per Muskelhypothek oder auf andere Weise eingebracht werden. Die Zusammenarbeit mit Vereinen laufe gut in der Gemeinde, führte Fischer den Sportkindergarten mit dem örtlichen Turnverein an. Vom Sportkreis-Forum erhofft er sich „best practice“-Beispiele für die eigene Arbeit.
„Wir wollen auf Augenhöhe mitreden“, sagte Sportkreisvorsitzender Wolfgang Glotzbach. Das gelte auch für die Vereine vor Ort, die nicht aus der Zeitung über Maßnahmen informiert werden wollen, machte er als Vorsitzender des TV Nauheim deutlich.
„Wie können wir unsere Sportstätten in Zukunft überhaupt noch finanzieren“, fragte Bürgermeister Thomas Schell (Biebesheim) in die Runde. Der neue kommunale Finanzausgleich werde der Gemeinde rund 400 000 Euro weniger einbringen, machte er deutlich.
Mehr Zusammenarbeit gefordert
In Groß-Gerau seien die Vereine schon immer stark eingebunden gewesen, sagte Kreisstadt-Bürgermeister Stefan Sauer. Da seien inzwischen Grenzen erreicht, die nicht überschritten werden könnten. Sauer forderte aber von den Vereinen mehr Zusammenarbeit. Ganze Hallen könnten nicht mehr nur wenigen Sportler mit Hoffnung auf späteren Zuwachs zur Verfügung gestellt werden.
Was in der Politik unter „interkommunaler Zusammenarbeit“ diskutiert werde, müsse auch für Vereine gelten, sagte Müller. Es sei inzwischen nicht mehr ganz zeitgemäß, dass es in einer Kleinstadt mehrere Fußballvereine gebe und alle ihren eigenen Kunstrasenplatz wollten, nannte er als Beispiel.
Für den Kreis stelle sich das Problem auf verschiedenen Ebenen dar. Natürlich müssten die, weiter kostenlos zur Verfügung gestellten, Kreissporthallen gut ausgelastet sein, sagte Landrat Thomas Will. Andererseits leide auch der Schulsport darunter, wenn Sportstätten oder Hallenbäder in den Kommunen geschlossen würden. Will forderte eine Diskussion auch auf Bundesebene über die zukünftige Finanzierung des Sports.
Die administrative Arbeit habe in den Vereinen so stark zugenommen, dass teilweise keine Vorstände mehr gefunden würden, nannte Bürgermeister Peter Burger (Gernsheim) ein anderes Problem. Ob es dann noch möglich sei, den Vereinen Pflegearbeiten für die Sportanlagen zu übertragen, zweifelte er an. Er hatte zudem eine abnehmende Bereitschaft für ein dauerhaftes Engagement in den Vereinen festgestellt. Für befristete Kurse würde oft mehr Geld bezahlt als der Jahresbeitrag im Verein. Einige Vereine haben dies als Chance erkannt, sagte Melanie Astheimer (SKV Büttelborn). So würden Beiträge fürs vereinseigene Fitnessstudio für den gesamten Verein genutzt.
Sportentwicklung sei mit kommunaler Entwicklung gleichzusetzen, sagte Ralf-Rainer Kalt, im lsbh-Präsidium für diesen Bereich zuständig. Weder gebe es „den Verein“, noch „die Kommune“, sagte er. Bei der Förderung müsse deshalb stärker aufs Detail geachtet werden.
Hallenkosten belasten Vereine
Nutzungsgebühren für Vereine liefen dem sozialen Charakter der Vereine entgegen, warnte Norbert Lindemann (TSV Ginsheim und Mitglied im Sportkreisvorstand). Mit niedrigen Beiträgen würde gerade Kindern der Sport ermöglicht. Nutzungsgebühren würden über die Beiträge auf die Mitglieder umgelegt und schlössen damit bestimmte Personengruppen aus.
In Trebur gibt es den konkreten Auftrag an die Verwaltung, Nutzungsgebühren für die alle Liegenschaften auszuarbeiten, berichtete Verwaltungsmitarbeiterin Monika Deja. In Gesprächen wurde zunächst eine mögliche Belastungsgrenze ausgelotet, die Diskussion dauere noch an. Es gebe immer wieder neue Berechnungsmodelle, machte Petra Wörner (TV Trebur) deutlich. Für den Verein würde eine Gebühr eine zusätzliche Belastung von rund 10. 000 Euro im Jahr bedeuten. In Nauheim wären es rund 15 000 Euro für den dortigen TV. „Das kann sich der Verein nicht leisten, dann melden wir die Handballer ab“, machte Glotzbach deutlich.
Sauer sah darin kein Problem, 15 Euro im Jahr pro Mitglied müssten möglich, sagte er. Das sei aber eine Milchmädchenrechnung, widersprach Klatt. Genauso müssten die ehrenamtlichen Leistungen der Vereine für die Allgemeinheit gesehen werden.
Zum Sportkreis-Forum eingeladen waren alle Bürgermeister des Kreises. Einige wenige hatten sich allerdings durch Amtsleiter vertreten lassen. Für die Vereine waren Vorstandsmitglieder von TV Trebur, TSV Ginsheim sowie TGS Walldorf und SKV Büttelborn anwesend. Die Moderation hatte Christian Döring übernommen.
Detlef Volk, Öffentlichkeitsarbeit Sportkreis 37 Groß-Gerau
veröffentlicht am 25.03.2015
Sportkreis-Forum
Diskussion auf Augenhöhe
Sportkreis-Forum
Forum1: Landrat Thomas Will, lsbh-Präsident Dr. Rolf Müller und Sportkreisvorsitzender Wolfgang Glotzbach (von links) beim Sportkreis-Forum.
Forum2: Sportkreis-Forum: Kreisstadt-Bürgermeister Stefan Sauer, Robert Neugebauer (Sportamt Rüsselsheim), die Bürgermeister Richard von Neumann (Ginsheim-Gustavsburg), Peter Becker (Mörfelden-Walldorf) und Jan Fischer (Nauheim, von links).
Forum3: Sportkreis-Forum mit Renate Gotthold, Petra Scheible (Sportkreisvorstand), Landrat Thomas Will, lsbh-Präsident Dr. Rolf Müller, Sportkreisvorsitzender Wolfgang Glotzbach, Moderator Christian Döring. Kreis-Sportbeauftragtewr Klaus Astheimer, Kreistagspräsident Manfred Hohl (von links).
alle Fotos: Detlef Volk
Diskussion auf Augenhöhe
Keine Vorträge, sondern die offene Diskussion zwischen Sportvereinen, Funktionären und Kommunalpolitikern, das war das Ziel beim „Sportkreis-Forum“ im Landratsamt . Die Idee dazu kam vom Landessportbund, der prominent durch den Präsidenten Dr. Rolf Müller und Vizepräsident Ralf-Rainer Klatt, vertreten war.
Themen waren der Verfassungsrang des Sports und seine regionale Bedeutung, die kommunale Anerkennung der Sportvereine und die Zukunft der regionalen Sportentwicklung. Der offene Austausch kam allgemein gut an.
„Die Sportvereine verstehen sich nicht als Bittsteller“, machte Müller deutlich. Die Sportvereine erfüllten eine wichtige Funktion, böten ihren Mitgliedern neben der sportlichen Betätigung auch ein Stück Heimat. Aus der Politik wurden den Sportvereinen aber immer mehr zusätzliche Aufgaben aufgebürdet.
Als Beispiele führte Müller Integration von Zuwanderer und Flüchtlingen, Inklusion und Betreuung an. Die Sportvereine seien dazu immer bereit, lobte er. So gebe es zahlreiche Kooperationen, etwa zwischen Schulen und Vereinen. Er warnte aber vor dem angelsächsischen Modell, wo Sportvereine keine Rolle mehr spielten und alles in die Schulen verlagert wurde.
„Sport ist ein Staatsziel“, verwies der Landessportbund-Präsident auf die Verfassung. Müller hofft, dass dies kein „Muster ohne Wert“ sei, sondern auch mit Inhalten und vor allem Geld gefüllt werde. Der Weg müsse stark in Richtung Pflichtaufgabe gehen, sagte er. Das forderten auch die Vereinsvertreter.
Den Verfassungsrang gebe es zwar, doch vom Land würden Leistungen für den Sport immer noch als freiwillige Leistungen abgetan. Versehen mit dem Hinweis, bei defizitären Haushalten sich Gelder bei den Vereinen zu holen, machte Bürgermeister Richard von Neumann (Ginsheim-Gustavsburg) deutlich. Er forderte finanzielle Zuweisungen des Landes für die Unterhaltung von Sportstätten. Die Vereine konnten gut eingebunden werden, „das läuft alles nur über Gespräche“, sagte er.
Bürgermeister Hans Peter Becker (Mörfelden-Walldorf) hob das große, freiwillige Engagement der Vereine bei der Betreuung von Flüchtlingen hervor. Für diese zusätzlichen Aufgaben müssten die Vereine einen Ausgleich erhalten, sagten Becker und von Neumann.
Aktuell belaste die Kommunen die Kosten für Frei- und Hallenbäder stark. Müller regte an, die Schulumlage des Kreises auch für den Unterhalt von Bädern zu nutzen. In Nauheim gebe es „einen Wettbewerb über die noch zur Verfügung stehenden Mittel“, sagte Bürgermeister Jan Fischer. Im Haushalt wurde ein Betrag von 60 000 Euro im Jahr als Beitrag festgeschrieben, den die Sportvereine erbringen müssen. Die Beratungen laufen noch, außer Geldzahlungen kann sich auch per Muskelhypothek oder auf andere Weise eingebracht werden. Die Zusammenarbeit mit Vereinen laufe gut in der Gemeinde, führte Fischer den Sportkindergarten mit dem örtlichen Turnverein an. Vom Sportkreis-Forum erhofft er sich „best practice“-Beispiele für die eigene Arbeit.
„Wir wollen auf Augenhöhe mitreden“, sagte Sportkreisvorsitzender Wolfgang Glotzbach. Das gelte auch für die Vereine vor Ort, die nicht aus der Zeitung über Maßnahmen informiert werden wollen, machte er als Vorsitzender des TV Nauheim deutlich.
„Wie können wir unsere Sportstätten in Zukunft überhaupt noch finanzieren“, fragte Bürgermeister Thomas Schell (Biebesheim) in die Runde. Der neue kommunale Finanzausgleich werde der Gemeinde rund 400 000 Euro weniger einbringen, machte er deutlich.
Mehr Zusammenarbeit gefordert
In Groß-Gerau seien die Vereine schon immer stark eingebunden gewesen, sagte Kreisstadt-Bürgermeister Stefan Sauer. Da seien inzwischen Grenzen erreicht, die nicht überschritten werden könnten. Sauer forderte aber von den Vereinen mehr Zusammenarbeit. Ganze Hallen könnten nicht mehr nur wenigen Sportler mit Hoffnung auf späteren Zuwachs zur Verfügung gestellt werden.
Was in der Politik unter „interkommunaler Zusammenarbeit“ diskutiert werde, müsse auch für Vereine gelten, sagte Müller. Es sei inzwischen nicht mehr ganz zeitgemäß, dass es in einer Kleinstadt mehrere Fußballvereine gebe und alle ihren eigenen Kunstrasenplatz wollten, nannte er als Beispiel.
Für den Kreis stelle sich das Problem auf verschiedenen Ebenen dar. Natürlich müssten die, weiter kostenlos zur Verfügung gestellten, Kreissporthallen gut ausgelastet sein, sagte Landrat Thomas Will. Andererseits leide auch der Schulsport darunter, wenn Sportstätten oder Hallenbäder in den Kommunen geschlossen würden. Will forderte eine Diskussion auch auf Bundesebene über die zukünftige Finanzierung des Sports.
Die administrative Arbeit habe in den Vereinen so stark zugenommen, dass teilweise keine Vorstände mehr gefunden würden, nannte Bürgermeister Peter Burger (Gernsheim) ein anderes Problem. Ob es dann noch möglich sei, den Vereinen Pflegearbeiten für die Sportanlagen zu übertragen, zweifelte er an. Er hatte zudem eine abnehmende Bereitschaft für ein dauerhaftes Engagement in den Vereinen festgestellt. Für befristete Kurse würde oft mehr Geld bezahlt als der Jahresbeitrag im Verein. Einige Vereine haben dies als Chance erkannt, sagte Melanie Astheimer (SKV Büttelborn). So würden Beiträge fürs vereinseigene Fitnessstudio für den gesamten Verein genutzt.
Sportentwicklung sei mit kommunaler Entwicklung gleichzusetzen, sagte Ralf-Rainer Kalt, im lsbh-Präsidium für diesen Bereich zuständig. Weder gebe es „den Verein“, noch „die Kommune“, sagte er. Bei der Förderung müsse deshalb stärker aufs Detail geachtet werden.
Hallenkosten belasten Vereine
Nutzungsgebühren für Vereine liefen dem sozialen Charakter der Vereine entgegen, warnte Norbert Lindemann (TSV Ginsheim und Mitglied im Sportkreisvorstand). Mit niedrigen Beiträgen würde gerade Kindern der Sport ermöglicht. Nutzungsgebühren würden über die Beiträge auf die Mitglieder umgelegt und schlössen damit bestimmte Personengruppen aus.
In Trebur gibt es den konkreten Auftrag an die Verwaltung, Nutzungsgebühren für die alle Liegenschaften auszuarbeiten, berichtete Verwaltungsmitarbeiterin Monika Deja. In Gesprächen wurde zunächst eine mögliche Belastungsgrenze ausgelotet, die Diskussion dauere noch an. Es gebe immer wieder neue Berechnungsmodelle, machte Petra Wörner (TV Trebur) deutlich. Für den Verein würde eine Gebühr eine zusätzliche Belastung von rund 10. 000 Euro im Jahr bedeuten. In Nauheim wären es rund 15 000 Euro für den dortigen TV. „Das kann sich der Verein nicht leisten, dann melden wir die Handballer ab“, machte Glotzbach deutlich.
Sauer sah darin kein Problem, 15 Euro im Jahr pro Mitglied müssten möglich, sagte er. Das sei aber eine Milchmädchenrechnung, widersprach Klatt. Genauso müssten die ehrenamtlichen Leistungen der Vereine für die Allgemeinheit gesehen werden.
Zum Sportkreis-Forum eingeladen waren alle Bürgermeister des Kreises. Einige wenige hatten sich allerdings durch Amtsleiter vertreten lassen. Für die Vereine waren Vorstandsmitglieder von TV Trebur, TSV Ginsheim sowie TGS Walldorf und SKV Büttelborn anwesend. Die Moderation hatte Christian Döring übernommen.
Detlef Volk, Öffentlichkeitsarbeit Sportkreis 37 Groß-Gerau